Künstliche Intelligenz (KI) ist mittlerweile in vielen Bereichen des täglichen Lebens angekommen und wird nicht nur privat, sondern oft auch im Arbeitsleben genutzt. Gerade Dolmetscher und Übersetzer können die Möglichkeiten, die sich ihnen durch KI bieten, bei der Vorbereitung und Durchführung ihrer Aufträge nutzen, um effizienter, fundierter und flexibler arbeiten zu können. In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen, wie Künstliche Intelligenz Dolmetscherinnen und Dolmetscher unterstützen kann, ohne sie zu ersetzen.
Künstliche Intelligenz als Werkzeug – nicht als Ersatz
Die moderne Technik ermöglicht mittlerweile das Erstellen automatisierter Übersetzungen in Echtzeit, die auch als Audio, ähnlich wie beim Simultandolmetschen, ausgegeben werden können. Doch wie der Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer e. V. (BDÜ) betont, stößt KI im Bereich des Dolmetschens schnell an ihre Grenzen: Menschen sprechen selten in klaren, perfekt strukturierten Sätzen. Es kommt zu Redundanzen, Versprechern, Emotionen, Dialekten und Gestik, die für das Verständnis entscheidend sein können. Qualifizierte Dolmetscherinnen und Dolmetscher filtern diese Inhalte kontextgerecht und übertragen sie situationsangemessen – eine Fähigkeit, die derzeit keine Maschine in vollem Umfang leisten kann.
Doch was mit KI möglich ist: Die Vorbereitung von Dolmetscheinsätzen.
KI als Unterstützung in der Vorbereitung von Dolmetschaufträgen
Ein professioneller Dolmetscheinsatz beginnt oft lange vor dem eigentlichen Termin. Eine gute Vorbereitung ist essenziell – gerade bei Fachthemen oder komplexen Gesprächssituationen. Hier bietet KI zahlreiche Ansatzpunkte, um Dolmetscher zu entlasten.
Themenrecherche mit KI-Tools
Neben der klassischen Google-Suche können mittlerweile auch KI-gestützte Systeme wie ChatGPT, Gemini (Google) oder Copilot (Microsoft) genutzt werden, um sich schnell einen Überblick über Fachgebiete, Zusammenhänge oder Hintergrundinformationen zu verschaffen.
Beispiele:
- Branchenwissen auffrischen: Was sind aktuelle Trends in der Solarbranche?
- Akteure identifizieren: Welche Institutionen und Unternehmen sind bei einer bevorstehenden Konferenz beteiligt?
- Fachbegriffe klären: Wie wird ein bestimmter medizinischer Eingriff in anderen Sprachen bezeichnet?
Solche Informationen lassen sich schnell abfragen. Wichtig ist dabei stets: Die Ergebnisse sind als Orientierung zu verstehen und sollten fachlich gegengeprüft werden. Üblicherweise weisen die oben genannten KI-Chatbots und -Systeme bei ihren Antworten Quellen aus, sodass Sie die Antworten überprüfen können.
Erstellung von Glossaren und Terminologielisten
Die Erstellung von terminologischen Vorbereitungsdokumenten ist für Dolmetscher eine zentrale Aufgabe.
Auch hier kann KI hilfreich sein:
- Aus mitgelieferten Texten (z. B. Präsentationen, Abstracts, Websites) lassen sich mit KI wichtige Fachbegriffe extrahieren.
- ChatGPT & Co. können auf Wunsch mehrsprachige Glossare erstellen oder bestehende Listen ergänzen.
- Es lassen sich Begriffe nach Häufigkeit oder Themenfeld sortieren.
Dabei gilt: Die generierten Listen müssen immer manuell überprüft und auf den eigenen Einsatz angepasst werden. Gerade in spezialisierten Bereichen wie Medizin, Technik oder Recht ist eine fachliche Verifikation unabdingbar – auch, weil KI-Modelle gelegentlich fehlerhafte oder veraltete Informationen liefern.
Dolmetschtraining durch Simulation von Gesprächen
Ein innovativer, wenn auch noch experimenteller Einsatzbereich ist die Simulation von Gesprächsverläufen. KI-Systeme können als Gesprächspartner fungieren und beispielhafte Dialoge auf Grundlage bestimmter Rollen oder Themen generieren. Wer auditiv veranlagt ist, kann sich auch einen Podcast zum Thema generieren lassen. Das kann helfen, sich auf mögliche Fragestellungen, Tonalitäten oder kulturelle Besonderheiten einzustellen. Besonders bei neuen Kunden oder für Dolmetscher, die nur gelegentlich Aufträge annehmen, kann diese Vorbereitung mit einem fiktiven Gesprächspartner für mehr Sicherheit beim tatsächlichen Termin sorgen.
Beispielhafte Nutzung:
- Simulieren eines Arzt-Patienten-Gesprächs vor einem medizinischen Dolmetscheinsatz
- Rollenspiel für ein Wirtschaftsgespräch auf Englisch und Französisch
- Umgangsregelung vor dem Familiengericht mit hochstrittigen Eltern simulieren
Auch hier ist die menschliche Erfahrung entscheidend: KI generiert Vorschläge, die Dolmetscher in ihren eigenen Denk- und Vorbereitungsprozess einbauen, nicht blind übernehmen sollten.
Grenzen und Verantwortung
So hilfreich Künstliche Intelligenz auch sein mag – sie ist kein Ersatz für professionelle Vorbereitung, Fachwissen und Erfahrung. Der BDÜ bringt es auf den Punkt: Sprache ist vielschichtig, emotional, kontextabhängig – sie transportiert mehr als nur Wörter.
Gerade in sensiblen Bereichen wie der medizinischen Kommunikation, im Rechtswesen oder bei Behördengesprächen trägt das Dolmetschen nicht nur zur Verständigung bei, sondern kann mitunter über Wohl und Wehe entscheiden. Deshalb ist die Verantwortung von Dolmetschern auch durch den Einsatz von KI nicht geringer geworden – im Gegenteil: Sie benötigen einen klaren Blick für Qualität, Relevanz und Glaubwürdigkeit der Informationen, die sie aus KI-Systemen beziehen.
KI als Werkzeug fachgerecht nutzen
Die Digitalisierung verändert auch das Dolmetschen – und eröffnet neue Möglichkeiten. Wer KI als Werkzeug begreift und verantwortungsvoll einsetzt, kann von schnellerer Vorbereitung, strukturierterer Terminologiearbeit und besserem Überblick profitieren. Voraussetzung ist jedoch ein kritischer, erfahrener Umgang mit den generierten Inhalten – und das Bewusstsein, dass menschliches Verstehen, Einfühlungsvermögen und situatives Urteilsvermögen durch keine Technologie ersetzt werden können.
Ähnlich wie Dolmetscher können auch Übersetzer die Möglichkeiten der KI nutzen. Auch bei uns können Sie KI-Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie noch Fragen dazu haben!