Die Schrecken der deutschen Sprachen

Unter dem Titel „The Awful German Language“, also „die schreckliche deutsche Sprache“, hat Mark Twain im Jahr 1880 einen Aufsatz verfasst. Dieser beschreibt anhand einiger Beispiele die Schwierigkeiten, auf die ein Englisch-Muttersprachler beim Erlernen der deutschen Sprache trifft. Mit viel Humor erzählt der Autor von trennbaren Verben, zusammengesetzten Nomen, grammatikalischen Geschlechtern und weiteren Eigenheiten des Deutschen.

Tatsächlich bietet die deutsche Sprache einige Besonderheiten, die Lernende auf eine harte Probe stellen. Ein anschauliches Beispiel sind die grammatikalischen Geschlechter. Zwar gibt es gewisse Regeln, wie sich das Geschlecht vom Wort ableiten lässt, aber die Verteilung an sich unterliegt großer Willkür. Oder können Sie erklären, warum DER Tisch männlich ist, DIE Tür hingegen weiblich aber DAS Kind eine Sache? Neben der Unübersichtlichkeit der Zuordnung sorgen die vier Fälle im Deutschen zusätzlich für eine Vielzahl von Artikeln. DER Tisch steht im Zimmer, aber wir legen etwas auf DEN Tisch – danach liegt es dann auf DEM Tisch, oder sogar auf der Fläche DES Tisches. Mit einigen Konstruktionen oder seltenen Wörtern haben sogar Deutsch-Muttersprachler ihre Schwierigkeiten.

Doch es kommt noch schrecklicher: Denn trennbare Verben sind ein Thema, das nicht nur Mark Twain und mit ihm alle Lernenden, sondern auch Dolmetscher vor große Schwierigkeiten stellt. Dasselbe gilt für Verbformen, die im Deutschen aus einem Hilfsverb und einem Vollverb bestehen (zum Beispiel „Ich habe gegessen“ oder „Ich muss arbeiten“). Denn sobald eine Verbform aus zwei Teilen besteht, steht ein Teil des Verbs am Ende des Satzes – und oft entscheidet gerade dieser Teil über den Sinn des Satzes. Ein Beispiel ist der folgende Satz: „Der Firmenvorstand hat bei seiner letzten Sitzung nach zweistündiger Diskussion die Einführung einer verbindlichen Frauenquote von 50 Prozent beschlossen.“ Erst im letzten Satz erfahren wir, was der Vorstand eigentlich gemacht hat – bis zu diesem Punkt hätte der Vorstand die Einführung genauso gut abgelehnt haben können.

Die deutsche Sprache erschreckt durch ihre Komplexität also nicht nur Lernende, sondern gelegentlich auch Profis. Umso wichtiger ist es, für wichtige Dokumente oder Reden mit Profis zu arbeiten – denn durch langjährige Erfahrung verfügen sie über geeignete Methoden, diesen Schrecken effektiv zu begegnen.
Weiterführende Informationen:

Der komplette Text von Mark Twains „The Awful German Language“ sowie eine Rede, die er im Concordia-Club in Wien zu diesem Thema gehalten hat, sind online verfügbar: http://usa.usembassy.de/classroom/Mark%20Twain/Mark%20Twain%20Awful%20Broschuere.pdf

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