Geschichte des Dolmetschens Teil 2 – verschiedene Dolmetschdisziplinen

Zur Unterscheidung der Erscheinungsformen des Dolmetschens dienen die unterschiedlichen erbrachten Leistungen im entsprechenden Umfeld, sprich Methode und Funktion des Dolmetschens (vgl. Snell-Hornby, Hönig, Kußmaul, Schmitt, 2005:44).

Auf internationalen Konferenzen wird heutzutage beispielsweise fast ausschließlich[nbsp] simultan gedolmetscht (zeitgleiche Wiedergabe des Gesagten in der Zielsprache), was das Konsekutivdolmetschen (zeitversetzte Zusammenfassung des Gesagten in der Zielsprache) fast vollständig abgelöst hat. Diese Dolmetschformen sind Nachfolger des (simultanen) Flüsterdolmetschens, dessen Ursprünge sich bis in das 18. Jahrhundert zurückverfolgen lassen: So wurde König Friedrich II. von Preußen während einer Schülervorstellung im Jesuitenkolleg Groß-Glogau die lateinische Übersetzung ins Ohr geflüstert. Auch bei den Pariser Friedensverhandlungen flüsterte der Dolmetscher Stephen Bonsal dem Präsidenten Woodrow Wilson simultan den gedolmetschten Text ins Ohr. Diese Art des Dolmetschens ist zu unterscheiden vom satzweisen Dolmetschen: Auf dem Alliierten Kontrollrat von 1945 bis 1955 haben Präsident Monroe und seine Gesprächspartner einer Indianerdelegation beispielsweise nach jedem Satz eine Pause gemacht, damit der Dolmetscher ihn in die Sprache des Gegenübers übertragen konnte (44).

Unterscheidet man nach dem Umfeld, in dem gedolmetscht wird, lassen sich in der Geschichte verschiedene Formen ausmachen: Gerichtsdolmetscher; Militärdolmetscher – hierzu zählen z. B. die Dolmetscher für Cäsar, Hannibal und Napoleon, Dolmetscher mit Offiziersrang in der deutschen Wehrmacht sowie die Dolmetscher der Vereinten Nationen in Bosnien; Dolmetscher auf Forschungs- und Entdeckungsreisen – z. B. für Magellan und Cortés; Dolmetscher zur Verbreitung der Weltreligionen – für den Islam in Afrika, für das Christentum in der Neuen Welt und in Ostasien. Es war jedoch nicht immer leicht, kompetente Dolmetscher zu finden. Durch den Kontakt zu Eingeborenen versuchte man, die fremden Sprachen zu erlernen oder ihnen die eigene Sprache beizubringen. Ein sehr bekannter und talentierter Dolmetscher arbeitete in Japan für den Jesuitenorden – der Portugiese Rodrigo, der James Clavell für die Figur des Dolmetschers in seinem Roman Shogun inspirierte (44). Heutzutage ist dies dank der zahlreichen guten Ausbildungsstätten für Übersetzer und Dolmetscher kein Problem mehr. Im Laufe der Zeit wurden natürlich einige Ausübungsorte durch andere ersetzt. So werden heute Dolmetscher neben Konferenzen, Gericht und Militär v. a. in den Medien eingesetzt.

Quelle:

Snell-Hornby, Mary; Hönig, Hans G.; Kußmaul, Paul; Schmitt, Peter A., (2005), Handbuch Translation, Tübingen, Stauffenburg Verlag Brigitte Narr GmbH

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert