Sprichwörter mit Nationalitätsbezug

Sommerzeit ist Urlaubszeit – doch welchen Ruf genießen wir eigentlich andernorts? Und welche Eigenschaften schreiben wir Personen aus anderen Ländern zu? Wir schauen uns in diesem Beitrag einige Sprichwörter an, vergleichen sie sprachübergreifend und überprüfen, wie sie historisch gewachsen sind.

Unverständlich: Spanisch oder Griechisch?

Wenn uns etwas „spanisch“ vorkommt, können wir es nicht verstehen oder nicht nachvollziehen. Diese deutsche Redewendung stammt aus der Zeit von Karl V. (1500 – 1558), der König von Spanien war und später Kaiser des Heiligen Römischen Reiches wurde. Durch seine spanisch geprägte Erziehung stieß er in der „neuen“ Heimat teils auf Unverständnis – sein Verhalten kam den Deutschen spanisch vor. Das könnten übrigens auch „böhmische Dörfer“ für uns sein.

Geht es tatsächlich um das sprachliche Unverständnis, verstehen wir hingegen nur Bahnhof. Den Spaniern jedoch erscheint es chinesisch, den Briten griechisch – angelehnt an Shakespeares Tragödie „Julius Caesar“, in der Casca von Cassius gefragt wird, ob Cicero etwas gesagt habe. Darauf antwortet der römische Politiker:

„[…] but those that understood him smiled at one another and shook their heads; but, for mine own part, it was Greek to me.“
(„Aber die ihn verstanden, lächelten einander zu und schüttelten die Köpfe. Doch was mich anlangt, mir war es Griechisch.“, Übersetzung nach Schlegel und Tieck, 1843/44)

Die „einfachen“ Römer sprachen nur Latein, die gebildeten jedoch auch griechisch. Wer dem Griechischen nicht mächtig war, verstand es also nicht. Auch die Mönche des Mittelalters waren bald nicht mehr zweisprachig und machten bei Übersetzungen den Vermerk „Graecum est; non legitur“ („Das ist griechisch, man kann es nicht lesen“), damit ein Kenner des Griechischen diese Stellen noch einmal separat prüfen konnte.

In anderen Sprachen heißt es:

  • Spanisch: „Me suena a chino.“ (chinesisch)
  • Französisch: „C’est du chinois.“ (chinesisch)
  • Italienisch: „Questo per me è arabo.“ (arabisch)

Verabschieden: Mit oder ohne Ankündigung?

Haben Sie auch schon einmal eine Veranstaltung oder Party verlassen, ohne sich zu verabschieden? Bei uns nennt man das häufig „polnischer Abgang“ – im Gegensatz übrigens zum „tschechischen Abgang“, bei dem man bereits vorher ankündigt, dass man später ohne Verabschiedung verschwinden wird. Manchmal heißt der Abgang ohne Abschied aber auch „französische Empfehlung“, ebenso wie bei den Briten: „to take a French leave“ (manchmal auch: „Irish leave“, also irischer Abgang).

Der Hintergrund: Offenbar war es im späten 18. Jahrhundert in Frankreich normal, eine Feierlichkeit zu verlassen, ohne sich vom Gastgeber zu verabschieden. Allerdings ist auch ein militärischer Kontext denkbar. Bei den Engländern schien das auf Unverständnis zu stoßen, was sich in dieser Redewendung niederschlug – oder nicht? Denn seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert kennt man auf Französisch den Spruch „filer à l’anglaise“, also wie ein Engländer zu gehen. Hier schiebt man sich also offenbar gegenseitig den Schwarzen Peter zu…

Beide Varianten haben sich allerdings auch in anderen Sprachen etabliert:

  • Tschechisch: „zmizet po anglicku“ (englisch)
  • Polnisch: „wyjść po angielsk“ (englisch)
  • Ungarisch: „angolosan távozni“ (englisch)
  • Spanisch: „despedida a la francesa“ (französisch)
  • Portugiesisch: „saída à francesa“ (französisch)

Pfeffer: Wo wächst er?

Etwas indirekter ist der Nationalitätsbezug beim Sprichwort: „Geh hin, wo der Pfeffer wächst“ – gemeint ist Indien, was zur Zeit der Entstehung dieser Redewendung, im 16. Jahrhundert, annähernd am anderen Ende der Welt war. Jedenfalls war es weit genug weg, um keinen Kontakt mehr miteinander haben zu müssen, denn schließlich möchte man mit dieser Aussage ja jemanden loswerden.

Ziemlich weit weg war für die Franzosen auch Tataouine, nämlich im Süden Tunesiens („aller à Tataouine“) – und auch wir können jemanden umgangssprachlich „in die Wüste“ schicken. Die Italiener gehen schließlich einfach „a quel paese“, in „dieses Land“.

In anderen Sprachen ist das Ziel anders gewählt, aber doch unmissverständlich:

  • Spanisch: „¡Vete a freír espárragos!“ („Geh Spargel braten!“)
  • Englisch: „Jump in the lake!“ („Spring in den See!“)

Zusammenfassung

Viele der Sprichwörter mit Nationalitätsbezug haben einen geschichtlichen Hintergrund, der sich (mehr oder weniger gut) nachvollziehen lässt. Nichtsdestotrotz sind sie nicht immer schmeichelhaft – ja, einige könnten sogar als beleidigend aufgefasst werden. Wie immer sollten wir also darauf achten, was wir wie und zu wem sagen, um offensichtliche Fettnäpfchen zu umgehen.

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