Der Übersetzungsauftrag

Der Übersetzungsauftrag „dient (…) dazu, eine Verständigung zwischen Auftraggeber und Übersetzer darüber zu erzielen, wie und zu welchem Zweck die Übersetzung erfolgen solle“ (Fischer, 2006:121). In der Realität gibt es jedoch häufig keinen schriftlich oder mündlich vereinbarten Übersetzungsauftrag, da viele Auftraggeber augenscheinlich annehmen, dass die Übersetzer wissen, wie sie ihre Arbeit zu erledigen haben. Dadurch können allerdings Missverständnisse auftreten, die schwere Folgen nach sich ziehen können (vgl. Fischer, 2006:121).

Christiane Nord spricht in diesem Sinne vom expliziten Übersetzungsauftrag, bei dem vom Auftraggeber klar vorgegeben ist, zu welchem Zweck die Übersetzung angefertigt werden soll, und vom impliziten Übersetzungsauftrag, bei dem der Auftraggeber keine Anweisungen gibt und der Übersetzer selbst die Zielsprachensituation einschätzen muss (vgl. Nord, 1993:14 f.). Sie fordert, „dass der Auftrag den Intentionen des Autors nicht willentlich und wissentlich zuwiderlaufen darf“ (Nord, 1993:19). Dabei betont sie allerdings, dass der Zielsprachentext nicht nur die Funktionen besitzen darf, die der Autorintention entsprechen, sondern dass die Autorintention an erster Stelle stehen muss. Bei der Übersetzung muss also geprüft werden, ob die Ausgangstextfunktionen erhalten bleiben können, d. h. ob sie in der Zielkultur realisierbar sind, oder ob man sie verändern muss (vgl. Nord, 1993:19). Falls die Ausgangstextfunktionen jedoch erhalten bleiben können, muss dies ihrer Meinung nach unbedingt geschehen, um loyal gegenüber dem Autor zu sein (19 f.).

In der Realität werden v. a. von Kunden, die oft Übersetzungsaufträge vergeben (z. B. große Unternehmen), häufig sogenannte Style Guides verfasst, in denen sie ihre Vorgaben zu Stil, Grammatik und Rechtschreibung festhalten. Mit diesen Vorgaben im Hinterkopf hält man sich als Übersetzer außerdem an die Textsorte und kann so im Normalfall die Textfunktion beibehalten. Wenn dies nicht der Fall ist, muss der Übersetzer ggf. mit dem Auftraggeber abklären, wie er es übersetzen soll oder ob es vielleicht unübersetzbar ist.

Quellen:

Fischer, Martin, (2006), Konrad und Gurkenkönig jenseits der Pyrenäen. Christine Nöstlinger auf Spanisch und Katalanisch, Frankfurt am Main, Peter Lang GmbH

Nord, Christiane, (1993), Einführung in das funktionale Übersetzen, Tübingen, Basel, Francke Verlag

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