Geschichte des Übersetzens Teil 1 – die Ursprünge

Die älteste Übersetzung ist 4.500 Jahre alt. Es handelt sich dabei um Tontafeln mit zwei- und dreisprachigen Wortlisten – darunter auch die sumerische Keilschrift, die älteste Form des Schreibens –, die bei Ausgrabungen entdeckt wurden. Während der Ursprung des Übersetzens also schon in die Zeit der Erfindung der Schrift angesiedelt werden kann, haben Translationsforscher erst ab den 1980er Jahren die Notwendigkeit erkannt, die Geschichte der Translation (Übersetzen und Dolmetschen) näher zu untersuchen, um die Bedeutung der Übersetzer für die Entfaltung des Geisteslebens zu beleuchten und dadurch die Wichtigkeit des Berufsstands bewusst zu machen (vgl. Snell-Hornby, Hönig, Kußmaul, Schmitt, 2005:39).

Bereits im Altertum (um 240 v.Chr.) übersetzte der griechische Sklave Livius Andronicus die Odyssee aus dem Griechischen ins Lateinische und machte damit Rom die griechische Literatur zugänglich. Die Arbeitsweise der römischen Übersetzer dieser Zeit – Terenz, Cicero, Horaz, Vergil und Quintilian – kann auf die Herrsch- und Expansionslust des römischen Reiches zurückgeführt werden: Sie bereicherten die Literatur ihres Landes mit den Schätzen der griechischen Literatur, um diese zu übertreffen. Diese Einstellung wird ebenfalls deutlich, wenn man die Äußerungen Ciceros und Horaz‘ zum Thema „wortgetreue oder freie Übersetzung“ betrachtet: Beide sprachen sich für eine freie, sinngemäße Übersetzung aus, da sie mithilfe der griechischen Literatur ihr rhetorisches Können erweitern wollten, anstatt nur die Ideen der Griechen in ihrer Sprache wiederzugeben (39).

Eine der Hauptfiguren des Altertums war Hieronymus (ca. 331 – 420). Er verfasste auf Wunsch des Papstes Damasus I., für den er als Sekretär, Dolmetscher und theologischer Berater arbeitete, die Vulgata, die lateinische Version der Bibel, die gegen jeden Widerstand von der römisch-katholischen Kirche anerkannt und jahrhundertelang verwendet wurde. Nachdem er zunächst die Übersetzung des Neuen und Alten Testaments aus dem Griechischen angefertigt hatte, übersetzte er das Alte Testament erneut aus dem Hebräischen, wofür er bekannt wurde, da er der erste Übersetzer war, der nicht die Septuaginta, eine griechische Übersetzung der hebräischen Bibel, sondern die hebräische Bibel selbst, als Ausgangstext verwendete. Doch nicht nur seine Bibelübersetzung erfreute sich großer Beliebtheit. In der Malerei, bzw. der Kunst im Allgemeinen, war er in der Zeit vom 14. bis 17. Jahrhundert die größte Inspirationsquelle. Und auch heute noch wird ihm jedes Jahr am 30. September, dem Hieronymustag (dem internationalen Tag der Übersetzung), gedacht, der 1992 von der Fédératon Internationale des Traducteurs (FIT) eingeführt wurde (39 f.).

Quelle:

Snell-Hornby, Mary; Hönig, Hans G.; Kußmaul, Paul; Schmitt, Peter A., (2005), Handbuch Translation, Tübingen, Stauffenburg Verlag Brigitte Narr GmbH

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